Personal ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Das hat auch schon vor der Coronakrise gegolten. Neben dem Thema Kurzarbeit, welches in den letzten Wochen schon intensiv behandelt worden ist, wollen wir ergänzend auf eine kleine Sonderthemenauswahl zum Personal in Zeiten von Corona eingehen, die helfen soll, weiterhin gut aufgestellt zu sein.
Neue Tätigkeitsstrukturen: Der Vertrieb geht weiter – trotz Shutdown.
„Hoch anstrengende Tage bei viel weniger Umsatz. Hauptsache Schadensbegrenzung.“ Diesen oder ähnliche Sätze hört man seit dem Shutdown von Händlerseite besonders häufig.
Auch wenn die regionalen Schließungsverfügungen inhaltlich nicht einheitlich sind und deren Auslegung durch die örtlichen Behörden unterschiedlich ausfällt, bieten sie doch teilweise die Möglichkeit, den Produktvertrieb jenseits der geschlossenen Geschäfte zu organisieren und damit Umsatz zu erzielen. Und genau hierzu sind auch – zumindest temporär – neue Formen der Personalorganisation bzw. des Mitarbeitereinsatzes gefragt.
Hat der Händler mit Erfolg seinen Kunden mehrkanalig kommuniziert „Wir sind nach wie vor für Sie da, auch wenn das Geschäft geschlossen ist!“, ähnelt die Liste der Haupttätigkeiten der eines Versandunternehmens:
- Telefonische Bestellannahme und Beratung
- Mailverkehr mit Kunden und Lieferanten
- Social-Media- bzw. Onlineaktivitäten zur Bewerbung von Produkten und Services
- Erstellung von Kundenrechnungen
- Kommissionierung von Abholer- und Auslieferungsware
- Besetzung einer Abholstation* am Geschäft
- Auslieferungsfahrten im Rahmen von Lieferservices* zum Kunden
(*Besonderer Hinweis: Fragen Sie für ein rechtssicheres Agieren insbesondere bei dem Thema Abholstation und Lieferservice immer die zuständige Behörde vor Ort und holen ggf. eine schriftliche Genehmigung ein.)
Verbleibt die Frage, was der Händler tun kann, um seinen Krisenalltag so zu organisieren, dass der Stresslevel etwas gesenkt werden kann, das Team auch Zeit hat, über umsatzerhaltende kreative Themen nachzudenken und zudem alle im Team soweit als möglich fit bleiben. Dazu hier einige Ideen:
Weg von „Jeder macht alles“! – Verteilen Sie Zuständigkeiten in der Abarbeitung der Tätigkeiten wie in einem Logistikbetrieb. Dabei können Sie je nach Zahl der Präsenzstunden im Geschäft rollierend vorgehen, sodass die Arbeit pro Mitarbeiter nicht zu monoton wird.
Prüfen Sie, ob der Einsatz eines Dienstleisters für den telefonischen Überlauf für Sie sinnvoll ist.
Überprüfen Sie, ob der Umfang Ihrer Präsenzzeiten in der andauernden Shutdownphase im Geschäft noch genauso notwendig ist wie zu Beginn des Shutdowns.
Sofern Sie einen Webshop haben und dieser bei einem Großhändler aufgesetzt ist, der auch Ware in Ihrem Namen an den Endkunden versendet, pushen Sie auch diesen Bestellweg in der Kundenkommunikation.
Steht Ihnen ein mobiles EC-Terminal zur Verfügung? Dann sollten Sie über dessen Einsatz im Rahmen des Lieferservice und der Bezahlprozesse bei Abholung am Geschäft in Kombination mit Kassenbons nachdenken. Dies spart nicht nur die Zeit der Rechnungsstellung, sondern vor allem auch Zeit im nachlaufenden Debitorenmanagement hinsichtlich Zahlungseingangskontrolle. Zudem besteht der Vorteil, dass bei Zahlungen bis 25 € der Kunde die Karte kontaktlos einsetzen kann, ohne das Terminal physisch bedienen zu müssen (PIN-Eingabe).
„Der Blick auf Personalthemen in der Coronakrise zeigt sehr deutlich den Spannungsbogen zwischen Gesundheitsschutz und wirtschaftlicher Krisenbewältigung zum Erhalt der Arbeitsplätze, in dem sich die Unternehmer befinden.”
Britta Meyer
Covid-19 wird sich auch nach Ende des Shutdowns weiter verbreiten – Was ist eigentlich, wenn sich ein Mitarbeiter mit dem Virus infiziert?
Der infizierte Mitarbeiter muss in Quarantäne und seine Kontaktpersonen (Ansteckungsverdächtige) ebenso.
Tipp: Soweit möglich sollte der Händler bei seiner Personaleinsatzplanung in der Phase der erhöhten Ansteckungswahrscheinlichkeit berücksichtigen, dass für den Fall einer Infektion aufgrund der Kontaktpersonenregelung nicht sein gesamter Betrieb lahmgelegt wird.
Ob Krankschreibung des Mitarbeiters oder nicht – im Quarantänefall greift das sog. Entgeltfortzahlungsgesetz. Ist der Mitarbeiter krankgeschrieben, erhält er, sofern nichts anderes vereinbart ist, mit seiner Krankschreibung bis zu sechs Wochen den vollen Lohn. Dauert die Quarantäne länger als sechs Wochen, erhält der Mitarbeiter Krankengeld, das jedoch nicht dem vollen Lohn entspricht.
Über § 56 Infektionsschutzgesetz hat der Arbeitgeber bei denjenigen Mitarbeitern, die als sog. Ausscheider, Ansteckungsverdächtige, Krankheitsverdächtige oder als sonstige Träger von Krankheitserregern von der Behörde mit einem beruflichen Tätigkeitsverbot belegt wurden, einen Entgelterstattungsanspruch. Dieser beläuft sich in Höhe des von ihm gezahlten Verdienstausfalls.
Quarantäne- wie auch Schließungsszenarien sind liquiditätsrelevant, da mögliche Kompensationen weder in Form von Erstattungen aus § 56 IfSG noch aus der Anzeige von Kurzarbeit nicht per se in dem Monat des Anfalls dem Unternehmen zufließen. Der Arbeitgeber kann jedoch lt. IfSG bei der zuständigen Behörde „einen Vorschuss in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbetrages“ beantragen.
Um der Fürsorgepflicht nachzukommen, dürfen Arbeitgeber ihrer Belegschaft kommunizieren, wenn sich ein Mitarbeiter infiziert hat, sofern dies für daraus folgende Vorsorgemaßnahmen erforderlich ist. (Gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO ist diese Weitergabe personenbezogener Daten rechtmäßig, da sie dem Schutz der anderen Mitarbeiter dient.)
Und zum Schluss noch einige Aspekte zu Umsetzung und Wirkweise von Kurzarbeit
Unternehmen in Kurzarbeit sind verpflichtet, für alle Arbeitnehmer in Kurzarbeit einen Ist-Stundennachweis zu führen, der am Monatsende der Berechnung von Gehalt und Kurzarbeitergeld zugrunde gelegt wird. Viele Unternehmen verwenden hier die gleichen Vorlagen wie bei den Aushilfskräften. Hinweis: Die Excel-Vorlage „Vorlage zur Dokumentation der täglichen Arbeitszeit“ der DATEV ist hier sehr hilfreich und enthält Hinweise zum Befüllen.
Sofern es die Liquidität des Unternehmens zulässt, können Arbeitgeber Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld (Kug) zahlen. Sofern für das Unternehmen relevant, finden sich dazu i.d.R. Regelungen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen. Warum kann dies für die Arbeitnehmer interessant sein? Kurzarbeitergeld gehört zu den sog. Lohnersatzleistungen und ist als solche zunächst steuerfrei. Aber: Für Lohnersatzleistungen gilt der sog. Progressionsvorbehalt (gem. § 32b EstG). In der Konsequenz kann dies bedeuten, dass sich der persönliche Einkommenssteuersatz erhöhen kann, mit dem das übrige Einkommen zu versteuern ist. D.h. der Arbeitnehmer muss am Ende mehr Einkommensteuer zahlen. Hinweis: Sofern eine „Zuzahlung“ zum Kug in Frage kommt, sollte der Steuerberater zum wie und in welcher Höhe befragt werden, damit die Arbeitnehmer am Ende auch ein relevantes Plus haben.
Arbeitgeber sind gehalten, alles zu tun, um Arbeitsausfall zu vermeiden. Erst wenn das geschehen ist, kann Kurzarbeitergeld bezogen werden. Somit können Arbeitgeber verlangen, dass Arbeitnehmer ihren Urlaub einbringen. Dies jedoch nur, wenn der Arbeitnehmer noch ungeplante Urlaubstage hat. Sind diese schon geplant und genehmigt, gilt Bestandsschutz für den Arbeitnehmer. Hinweis: Laut EuGH-Urteil kann zumindest der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch bei eingeführter Kurzarbeit entsprechend dem Anteil der tatsächlichen Arbeitszeit gekürzt werden. Wurde z.B. Kurzarbeit „Null“ angeordnet, das heißt arbeiten die Arbeitnehmer gar nicht, entsteht ihnen für diese Zeiten auch kein Urlaubsanspruch.
Britta Meyer, Unternehmerberatung
Seit 1997 ist Britta Meyer im Einzelhandel tätig und seit 2010 als selbstständige Beraterin unterwegs. Im Fokus ihrer Arbeit stehen die zahlenbasierte Unternehmenssteuerung und die Analyse und Optimierung von Unternehmensprozessen. Britta Meyer moderiert zahlreiche ERFA-Gruppen in verschiedenen Handelsverbundgruppen, hält Vorträge auf Messen und sonstigen Branchenveranstaltungen und veröffentlicht regelmäßig Artikel in Branchenmedien.
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