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No Choice: Omnichannel! Und was das für den Handel bedeutet – Teil 1

Online und Offline funktionieren miteinander – und das sogar besonders gut. Die Verknüpfung der einzelnen Kanäle ist wichtiger denn je. Was Omnichannel bedeutet und warum so viel Potenzial dahintersteckt, erklärt uns der Omnichannel-Experte und -Berater Lutz Spannuth im Interview.

Hellblaue Grafik, die das Wort „Omnichannel" und diverse Symbole abbildet, die sinnbildlich für den modernen Handel stehen.

Zu Beginn eine Definitionssache: Was bedeutet Omnichannel eigentlich und wie unterscheidet es sich von Multi- und Cross-Channel?
Das sind am Ende des Tages nur Worthülsen, die schematisch einen unterschiedlichen Grad der Kanalintegration beschreiben sollen. Dabei gilt per Definition „Omnichannel“ als die Königslösung mit dem höchsten Maß an Integration bzw. der sogenannten kompletten Verschmelzung. In der Praxis ist letzten Endes entscheidend, dass jedes Unternehmen aus Kundensicht heraus definiert, welches Maß der Verschmelzung zielführend ist, dem Kunden einen Mehrwert gibt und wirtschaftlich sinnvoll ist. Das kann von Unternehmen zu Unternehmen abhängig vom Sortiment, der Zielgruppe, den Ausprägungen der Kanäle wie beispielsweise der Anzahl der Filialen sehr unterschiedlich sein. So macht der Cross-Kanalservice „Click und Collect“ nur begrenzt Sinn, wenn ich landesweit nur eine Handvoll Filialen in den Haupteinkaufsmeilen betreibe, mein Online-Shop aber Kunden von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen anspricht.

Welche Kanäle umfasst ein Omnichannel-Ansatz im besten Fall bzw. welche Kanäle können denn überhaupt miteinander verknüpft werden?
Auch hier gilt wieder die Maxime streng aus Kundensicht zu denken, und Kunden denken nicht in Kanälen, sondern in Mehrwerten wie beispielsweise Convenience. Und dafür gibt es kein allgemein gültiges Kanal Setup oder etwa einen allgemein gültigen Kanalausschluss. Also ist die Antwort: Alle Kanäle, die meine Zielgruppe nutzt; und dies folgt dem Muster einer dynamischen Veränderung und Entwicklung. Für gewöhnlich hat ein Unternehmen eine Kanal-Herkunft, sei es eine oft sehr lange und traditionsreiche Stationär-Herkunft oder eine etwas jüngere Online-Herkunft. Entsprechend unterscheiden sich die Rollen der einzelnen Kanäle im Gesamt-Setup. Für ehemals Online Pure-Player sind stationäre Filialen oft ein Marketingkanal mit Reichweitenwirkung und zur Kundenakquisition. Ehemals stationäre Pure-Player degradieren ihre Online-Auftritte oft zu stationären Frequenzbringern. Dabei kann sich kein Unternehmen heute mehr leisten in einem Kanal nicht exzellent zu sein. Bezogen auf die Stationär-Exzellenz wird die spannende Frage nach vorne sein, wer künftig die Haupteinkaufsmeilen dominiert.

Welche Potenziale und Vorteile ergeben sich hier für Handels-Unternehmen?
Das lässt sich auf unterschiedlichen Ebenen beantworten. Strategisch ist eine individuelle, kundenzentrierte Omnichannel-Strategie eine no-Choice-Strategie. Die jüngere Vergangenheit hat uns gelehrt, dass es dazu auch keine Ausschlüsse mehr gibt. Die Möbelbranche galt viele Jahre als Online- bzw. Omnichannel-untauglich. Wir wurden eines besseren belehrt, u.a. auch durch IKEA, die sicher keine First-Mover waren, sich aber stoisch wie ein Elefant nach vorne bewegt haben. Auch hochwertiger Schmuck oder Uhren galten als Online- bzw. Omnichannel untauglich. Auch hier wurden wir eines besseren belehrt. Aktuell fällt die stationäre Automobil-Dominanz in den Ausfallstraßen der Städte. Dies zu der „No-Choice“ – Maxime. Operativ lässt sich das sehr griffig fassen. Es geht um Kundenbindung im eigenen Ökosystem, um damit den share of wallet, das maximale Abschöpfen der Kaufkraft, zu maximieren. Nespresso und Apple sind hierfür sicher in vielerlei Hinsicht gute Leuchtturmbeispiele, die man nicht kopieren kann, von denen man aber lernen kann.

Für welche Unternehmen ist es grundsätzlich sinvoll, eine Omnichannel-Strategie zu verfolgen?
Für jedes, weil ich heute kein Kundensegment mehr kenne, welches sich freiwillig auf einen Kanal einem Unternehmen gegenüber reduziert. Dabei gibt es aber keine „One-Size-Fits-All“ Omnichannel-Strategie. Nochmal: Jedes Unternehmen muss die für sich passende Omnichannel-Strategie definieren und entwickeln.

Gibt es spezielle Anforderungen oder Voraussetzungen die hierzu erfüllt sein sollten?
Das ist eine sehr wichtige Frage. Die viel beschriebenen Cross-Kanal-Services wie „Click und Collect“ oder „Click und Reserve“ gelten oft als das Maß aller Dinge im Sinne von „ich biete die Services an … ich bin omnichannel“. Das ist sicher zu kurz gedacht, wenn auch weit verbreitet. Die entscheidenden Voraussetzungen liegen hinter den Kulissen und damit auch oft die Schwierigkeiten. Erstens, wer kundenzentriert denken möchte, braucht u.a. auch einen zentralen Blick auf seine Kundendaten und zweitens, wer seine Produkte flexibel über alle Kanäle vertreiben möchte, braucht einen zentralen Blick auf seine Bestände, um nur zwei Voraussetzungen zu nennen. Die eigentlichen Voraussetzungen liegen aber noch viel weiter dahinter – in der DNA der Unternehmen. Das heutige Dilemma ist, dass man in der Regel nicht mehr die Zeit für einen vorgeschalteten, ausführlichen Kultur-Transformationsprozess hat. Der kann nur – muss aber auch – einhergehen mit dem Transformationsprozess der Geschäftsmodelle, wobei das Aufbrechen von tradierten Hierarchien und Silos, die Transformation von Funktionsorientierung zu Prozessorientierung und damit auch die Umstellung der Steuerungssysteme und KPIs nicht über Nacht geht. Das ist das Kern-Dilemma vieler stationärer Anbieter mit langer Tradition heute.

Welche konkreten Möglichkeiten oder Best-Practice-Beispiele gibt es hier für den stationären Handel?
Das ist so unterschiedlich, wie die einzelnen stationären Händler auch unterschiedlich sind. Wenn wir aber einmal davon ausgehen, dass grundsätzlich Verfügbarkeit des gewünschten Produktes immer noch der beste Online- wie Offline-Conversion bzw. Kaufabschluss-Hebel ist, dann muss Warenverfügbarkeit über alle Kanäle hinweg eine hohe Priorität haben. Filialen mit klassisch geringen Bestandstiefen auf SKU Ebene (Stock Keeping Unit) sollten hier von den in der Regel breiteren und tieferen Beständen eines zentralen Online-Lagers profitieren. Dafür gibt es erprobte Mechanismen. Und wenn wir dann zur Kenntnis nehmen, dass die Interaktion zwischen Händler und Kunde/in sich von einem Push der Händler zu einem Pull der Kunden/innen verändert hat, dann ist stationäre Bestandstransparenz im Netz relevant. Eine Kundin möchte schon wissen, ob das konkrete rote Taschenmodell in der Filiale vorrätig ist, bevor sie sich auf den Weg macht. Zu glauben, dass man ihr stattdessen ein grünes Modell verkaufen kann, funktioniert nicht mehr. Als dritte Veränderung müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sich die Kundenwahrnehmung eines „großen und breiten Sortiments“ verschoben hat. Was früher groß war, ist heute klein. Ein stationärer Megastore ist heute eine Boutique im Vergleich zu einem online long-tail Anbieter. Je nach Branche wird das die Rolle von stationären Flächen hin zu Sortiments-Highlights, zum Anteasern – und dies auch auf kleineren Flächen – verändern. Das lange Schaufenster wandert damit ins Netz. Diese Veränderungen und die damit einhergehenden Mechanismen sollte jeder stationäre Händler für sich individuell einwerten.

Gibt es auch Möglichkeiten für kleine Unternehmen / Händler, einen Omnichannel-Ansatz zu verfolgen?
Natürlich gibt es die. Auch kleine Unternehmen kommen nicht um die Fragestellung herum, was für sie – mit ihrer einen, unternehmergeführten Filiale in einer mittelgroßen deutschen Stadt – die passende Strategie ist. Ein Investment in einen klassischen Online-Shop mit eigenem Lager mit all seinen spezifischen Prozessen ist dies sicher nicht. Eine lokale Präsenz in den sozialen Kanälen oder auf Google ist das schon eher, und wenn man dann nicht nur seine Öffnungszeiten, sondern auch seine Bestände im Netz hat, hat man schon viel erreicht.

Welche Bereiche im Unternehmen müssen bei einer Omnichannel-Strategie eingebunden werden?
Alle! Es gibt keine Zaungäste mehr, die in die Manege schauen, wo sich die IT und das Marketing austoben. Und dies gilt auch für die – oberflächlich betrachtet – sehr kanalspezifischen Funktionsträger. Stellen Sie sich einen Storearchitekten vor, der nicht von Beginn an die Integration von sinnvollen digitalen Services am POS mit einplant oder am besten aktiv mitgestaltet. Und dies gilt um so mehr für die klassischen Backoffice-Funktionen wie beispielsweise HR für das Recruiting von digitalen Talenten, aber auch für die strategische Platzierung und Entwicklung dieser Talente im Unternehmen. Dies gilt insbesondere auch für das Controlling, welches durch starres Festhalten an den bestehenden Controlling-Mechanismen schon manche Omnichannel-Strategie zum Scheitern gebracht hat, bevor diese Fahrt aufnehmen konnte.

Was müssen Unternehmen beachten und was sind Erfolgsfaktoren, wenn sie eine Omnichannel-Strategie implementieren möchten?
Erfolgsfaktor Nummer Eins ist, dies zur Chef(in)sache zu erklären und auch zu leben. Wer dies als ein Projekt unter vielen wegdelegiert, hat schon verloren. Erfolgsfaktor Nummer Zwei ist digitale Kompetenz in der Chef(in)etage, und dies nicht reduziert auf das Feigenblatt eines Chief Digital Officers. Dies mag ein probater erster Schritt sein, der lange überfällig war. Die digitale Kompetenz darf aber nicht auf diese eine Person reduziert sein. Erfolgsfaktor Nummer Drei ist die Einsicht der Notwendigkeit des entschiedenen kulturellen Wandels, der sich nicht auf Adjustierungen in der Aufbau-Organisation beschränkt sondern sprichwörtlich in allen Köpfen stattfindet. Nur der Chef / die Chefin muss vorweg marschieren, und das erfordert einen bestimmten Typus Führungskraft.

Lutz Spannuth, Inhaber SPANNUTH DIRECT!

Lutz Spannuth war viele Jahre u.a. bei der Otto Group in geschäftsführender Verantwortung operativ für die Transformation von internationalen Ein-Kanal Handelsunternehmen zu Mehr-Kanal Anbieter verantwortlich. Seit 2005 ist Lutz Spannuth erfolgreich selbstständig und auf die Entwicklung von integrierten Omnichannel Businessmodellen für namhafte filialisierte stationäre Einzelhandelsunternehmen, internationale Marken sowie branchennahe Dienstleistungsunternehmen spezialisiert. SPANNUTH DIRECT! bietet die gesamte Wertschöpfungskette von strategischer Beratung, über Konzeptentwicklung bis hin zum Management der Realisierung an. Darüber hinaus ist Lutz Spannuth Moderator der „Omnichannel Days“, des EHI Retail Instituts.

Im zweiten Teil finden Sie die GS1 Studie „Omni-Channel Retailing 2025“ mit weiteren Hintergründen und Infos zur Vertiefung:

GS1: Omni-Channel Retailing 2025 – Teil 2

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